Solarmodule in Schindeltechnologie

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dietmardd
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Solarmodule in Schindeltechnologie

Beitrag von dietmardd »

Solche Solarmodule in der "neuen" Schindeltechnologie waren bis vor kurzem der letzte Schrei bei den Solarmodulen, da diese bei gleicher Fläche eine etwas höhere Leistung haben als traditionelle Solarmodule. Ein bekannter Hersteller für solche Solarmodule in Schindeltechnologie ist Prevent. Ein weiterer Vorteil dieser Solarmodule besteht in den für Womos günstigen Abmaßen.

Nun gibt es ein Gerücht, daß diese Solarmodule in Schindeltechnologie von einigen Anbietern aus dem Sortiment genommen wurden, weil es verstärkte Qualitätsprobleme gibt. Die Schwachstelle dieser Schindeltechnologie besteht in meinen Augen in der Klebeverbindung. Der Kleber muß exotische Eigenschaften besitzen:

- elektrisch leitfähig (verbindet die einzelnen Schindeln elektrisch untereinander). Die elektrische Leitfähigkeit kann nur durch elektrisch leitfähige Pigmente erreicht werden und dabei gibt es einen "Zielkonflikt": Um eine sehr gute Leitfähigkeit zu erreichen, muss der Pigmentgehalt groß sein, aber je höher der Pigmentgehalt, desto schlechter ist das Klebevermögen. Ein niedrigerer Pigmentgehalt würde jede Klebeverbindung zu einen ohmschen Widerstand werden lassen, d.h. der durch die PV gewonnene Strom wird zumindest teilweise in Abwärme verwandelt, so daß die Leistung schnell absinkt.
- Der von der Kleb-"Kraft" beste Kleber ist der Epoxidharzkleber. Der ist allerdings sehr UV-empfindlich. Andere Kleber wie z.B. auf PUR-Basis, besitzen eine geringere Klebkraft, sind aber deutlich UV-fester.
- Die Klebkraft ist auch abhängig von der Klebefläche. Bei der Schindeltechnologie ist diese Klebfläche sehr schmal (mechanisch schlecht), aber sonst wird zu viel teures monokristallines Si ohne PV-Effekt vergeudet.
- Jeder Kleber besteht aus einem Kunststoff und das bedeutet, dass die Klebkraft stark von der Temperatur abhängt. Dazu kommen noch Scherkräfte durch die Wärmedehnung des Siliziums.
- Ein Feind jeder Klebeverbindung sind Vibrationen. Mit Vibrationsbelastung bekommt man jede Klebeverbindung kaputt, noch dazu bei verschiedenen Temperaturen. Ein Womo fährt ja nun mal und das bedeutet Vibrationen.

Ich will ja nicht behaupten, daß Solarmodule mit Schindeltechnologie für Womos nicht geeignet sind, aber die Klebetechnologie muss sehr ausgefeilt sein und geringste Abweichungen von der optimalen Technologie oder mal eine andere Charge beim Kleber führen zu Qualitätsproblemen, d.h. die Herstellungstechnologie ist sehr störanfällig und nicht so robust wie die von traditionellen Solarmodulen.

Meine Vermutung besteht darin, daß die Klebeverbindung das Problem bei den Schindelmodulen ist, denn andere Ursachen für die Qualitätsprobleme sind vergleichsweise banal und könnten schnell abgestellt werden. Aus den o.g. Gründen wäre ich nie auf die Idee der Schindeltechnologie gekommen.

Wer weiß Genaueres dazu?
majortom
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Re: Solarmodule in Schindeltechnologie

Beitrag von majortom »

Hallo Dietmar,

da ich beruflich im Bereich der Aufbau- und Verbindungstechnik forsche kann ich Dir evtl. einige Hinweise geben.

Leitkleben oder Conductive Glueing ist eigentlich eine Notlösung, wenn Löten oder andere Techniken "angeblich" nicht mehr funktionieren. Es wird oft bei Verbindungen auf Thermoplasten oder Lacken und Folien angewandt, welche zuvor partiell metallisiert worden sind, also die Leiterbahn tragen. D.h. das sind Materialien die sich normal mit Zinn-bleifrei Loten nicht löten lassen, da die Glasübergangstemperatur niedrig ist und sich das Teil stark verformen bis anschmelzen würde.

Leitklebstoff ist ein Gemisch aus leitfähigen Bestandteilen (oft Silber) und einer Matrix (Binder). Die Leitfähigkeit funktioniert wie Du schon richtig erkannt hast, dadurch das sich genügend leitfähige Partikel berühren. Je mehr desto besser die Leitfähigkeit. Für höhere Leitfähigkeiten werden auch faserförmige Partikel eingesetzt, da so die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sich eine leitfähige Kette bildet.

Die Leitfähigkeit ist jedoch schlechter als eine Lot-, Laser- oder Einpressverbindung. Für Signalübertragung und Low-Power Elektronik ist das eine brauchbare Lösung, doch keiner wird damit Leistungselektronik verbinden wollen. Außer man ist schon sehr verzweifelt und hat keinen Zugang zu Niedertemperatur-Loten oder Laserverfahren. Es ist recht aufwendig reprodurierbare Übergangswiderstände zu bekommen, da es von vielen Faktoren, wie Klebstoffstärke, Anpressdruck, Viskosität, Gewicht der Bauteile, Feuchte, Temperatur etc. abhängt.

Auf einen Solarpanel herrschen im Sommer sicher Temperturen jenseits der 70°C Marke, speziell wenn die noch auf einem dunklen Dach verklebt sind. Da diese Klebstoffe für eine gute Leitfähigkeit möglicht dünn appliziert werden müssen, ist das schon ein Spagat zwischen Leitfähigkeit und Zuverlässigkeit. Auch altern die Klebstoffe auf dem Fahrzeugdach durch Wärme und UV-Licht stärker als in Indoorbereich.

Also das ist nicht primär für Produkte gedacht, die eine hohe Stromtragfähigkeit sowie eine lange Lebensdauer haben sollen und dabei einer starken thermischen Wechselbelastung von -20° bis über 70°C ausgesetzt sind.

Ciao

Thomas
dietmardd
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Re: Solarmodule in Schindeltechnologie

Beitrag von dietmardd »

Du bestätigst meine Befürchtungen. Also: Finger weg von der Schindeltechnologie!
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Locke21
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Re: Solarmodule in Schindeltechnologie

Beitrag von Locke21 »

dietmardd hat geschrieben: 09.03.2022, 01:51 Du bestätigst meine Befürchtungen. Also: Finger weg von der Schindeltechnologie!
So scheinen inzwischen auch die PV-Hersteller zu denken. Wie ich hörte, haben vier die Produktion eingestellt, zuviele Reklamationen.
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