Tritt mal wieder

[Johann]

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Tritt mal wieder
Höhenangst kriegt man neuerdings auch an Tankstellen: Schweißausbruch an der Zapfsäule, zittrige Hände beim Zücken der EC-Karte und Herzflimmern beim Anblick des Kontostandes.

KATRIN VON RAGGAMBY

Die Spritpreise sind so hoch wie nie! Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, ich müsse mehr als 3 Mark (!) pro Liter Diesel bezahlen - ich hätte gelacht. Heute lache ich auch, nur etwas hysterisch.
Aber: Not macht erfinderisch - und so stellt sich die Menschheit mal wieder auf eine neue Situation ein. Bekanntlich hat sie ja auch schon eine Eiszeit und eine Sintflut überlebt - was kratzen uns dann 1,50 Euro?
Nichts wie runter in den Keller und das Fahrrad raus. Radfahren ist gesund, braucht keinen Parkplatz, und der Drahtesel schont auch noch die Umwelt. Schade, dass die Reifen porös sind, die Sattelstange eingerostet und der Lenker verbogen ist. Bin ich nicht gestern erst das letzte Mal gefahren..?
Kein Problem, ab in den Fahrradladen. Der Profi schüttelt bedächtig den Kopf: Vor Herbst wird das nix mehr - der Andrang, der Andrang. Hatten wohl noch ein paar die gleiche Idee. Vielleicht doch lieber gleich ein neues Rad? Gleich kaufen geht schneller als Warten.
Vergessen Sie"s. Fahrräder gibt"s nicht mehr. Das ist ein Begriff aus der Steinzeit. Es gibt City- und Mountainbikes, Beachcruiser und Carrier Bicycles, die sich für den Transport ganzer Großfamilien eignen. Auch Einräder und alte Hochräder sieht man jetzt wieder auf der Straße. Manche kommen sogar im Liegen daher - fehlen nur noch Sonnenschirm und Cocktailglas in der Hand.
Kein Wunder. Mit dem Cabrio kann man längst keine Frauen mehr beeindrucken - seit man bei der Parkplatzsuche x-mal um den Block kreisen muss statt cool und lässig vor dem Straßencafé vorzufahren. Und Familien brauchen einen Tret-Van, mit dem mindestens drei Kisten Bionade nebst Babyausstattung und schickem Handtäschchen transportiert werden können.
Wer weiß, zu welchen Ideen 1 Euro 50 noch beflügeln? Angela Merkel fährt mit Rikscha samt Chauffeur, der Fahrradanhänger wird so groß, dass man damit in Campingurlaub fahren kann, und vielleicht stellt auch der ÖPNV endlich um: Wenn 54 Passagiere in die Pedalen treten, muss das doch hinhauen!
Und für die ganz besonders hartnäckigen Fälle wie absolute Tretmuffel gibt es sogar noch eine andere Lösung: Esel statt Drahtesel. Liebling, ich reite schnell einkaufen...

Egal ob Taubendreck oder U-Bahnstreik - für unsere Kolumnistin hat jede Story ein "Happy End".

Johann